«Menschen überleben, weil wir sie fliegen»

Ruth Jack geht die Arbeit nicht aus: Uganda beherbergt mit 1,7 Millionen Menschen in 13 Lagern die meisten Flüchtlinge in Afrika. Viele Menschen leben zudem in extremer Isolation. MAF Uganda spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung dieser Menschen, indem sie humanitäre Helfer und Hilfsgüter in die entlegensten und am stärksten gefährdeten Gebiete fliegt.

Als wir die gut ausgebaute Hauptverbindungsstrasse zwischen Entebbe und Kampala verlassen, holpert der Wange lange über die unbefestigte, staubige Nebenstrasse des Städtchens Kajjansi.

Auf kleinen Marktständen stapeln sich bunte Früchte und Gemüse – saftige Mangos, reife Tomaten und leuchtend grüne Bananen. In der Luft liegt Staub und der Duft von frischen Kräutern und Gewürzen. Hier und da sitzen junge Männer unter einem Sonnenschirm und verkaufen Handyguthaben. Herden von Motorradtaxis schlängeln sich durch den dichten Verkehr. Dann erreichen wir das Flugfeld, das von MAF betrieben wird und fast direkt am gigantischen Viktoriasee – dem drittgrössten See der Welt – liegt. Von hier aus macht MAF einen lebensverändernden Unterschied.

Zuflucht in Uganda

Die Zentrale von MAF Uganda befindet sich in einem grossen Backsteingebäude. Ruth Jack, Country Director von MAF Uganda, gibt einen tiefen Einblick in die Herausforderungen und Hoffnungen ihrer täglichen Arbeit.

Uganda ist Zufluchtsort für Menschen aus der Demokratischen Republik Kongo, dem Sudan und dem Südsudan. In den riesigen Flüchtlingslagern nahe der Nordgrenze leben Hunderttausende, die vor Konflikten und Verfolgung geflohen sind. Ruth Jack erklärt: «Unser Schwerpunkt liegt stark im humanitären Bereich. Daneben leisten wir aber auch Evangelisationsarbeit, und wir fliegen Menschen, die Gemeindeleiter ausbilden und Leute, die landwirtschaftliche Techniken vermitteln.»

Neue (Luft)-Wege finden

MAF Uganda ist ständig gefordert, neue Wege zu finden, um schwer erreichbare Regionen zu unterstützen. Dazu werden immer wieder neue, bedürftige Gebiete gesucht: «Im Moment gibt es zwei Regionen, die neu in den Fokus gerückt sind: Eine im Nordwesten an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo und zum Südsudan und eine in der Nähe eines Flüchtlingszentrums im Südosten des Landes. Unser Ziel ist es, die richtigen Orte anzufliegen und diese Gebiete zu unterstützen», sagt Jack.

Ein besonderes Anliegen ist auch die Versorgung der Menschen auf einer Insel im Viktoriasee, auf der 200’000 Menschen ohne Zugang zur Grundversorgung leben. Drogen und Prostitution sind häufig. «Das sind die isoliertesten Menschen in ganz Uganda. Wir arbeiten daran, ein Amphibienflugzeug zu beschaffen und die Finanzierung zu sichern. Bisher gibt es hier kein einheimisches Flugzeug, das dafür geeignet wäre.»

Lohnender Einsatz

Trotz der vielen Hindernisse gibt es auch Erfolge und bewegende Momente, die die harte Arbeit lohnend machen. «Die schönsten Tage sind die, wenn wir Geschichten von Menschen in verzweifelter Not hören, denen wir helfen konnten. Einmal transportierten wir eine Frau mit einer schweren Kopfverletzung zur medizinischen Evakuierung. Die Menschen haben überlebt, weil wir sie geflogen haben.»

Der Klimawandel verschärft die Herausforderungen in Uganda, betont Ruth Jack. «Der Norden, nahe Kenia, ist sehr, sehr trocken. Der Klimawandel verschlimmert die Situation von Tag zu Tag. Die Menschen dort kämpfen um das knappe Wasser.»

Ruth Jack, die aus Schottland stammt und einen Abschluss in Internationaler Entwicklung hat, sieht ihre Arbeit als Berufung. Zusammen mit ihrem Team setzt sie alles daran, den notleidenden Menschen in Uganda zu helfen und ihnen ein Stück Hoffnung zu geben – eine Mission, die weit über die Wolken reicht.

Daniel Gerber